Kleingärtnerische Nutzung: Neue Serie

Viele alte und neue Pächter/innen einer Gartenparzelle stöhnen oder lästern über das verpflichtende Drittel kleingärtnerische Nutzung, das das Bundeskleingartengesetz und die auf ihm basierende Rechtsprechung den Kleingärtnern aufgibt. Der „Anbauzwang“ erscheint ihnen als bloßes Relikt aus Zeiten, in denen es noch wichtig war, sich zur Not aus dem eigenen Garten mit Essbarem zu versorgen. Sie sehen keinen Sinn darin, diese „Tradition aus Kriegs- und Nachkriegszeiten“ in unseren Tagen voller Supermärkte fortzuführen und empfinden die Vorschriften und das Insistieren der Vereinsvorstände als bloße Schikane.

Symbolbild: Kohl, Pragraph, Fragezeichen

Zu diesem Empfinden trägt manchmal auch die Auslegung der Gesetze bei, die mancherorts in den Vereinen seltsame Blüten treibt, die von der Gesetzeslage gar nicht gedeckt sind. Mehr als das ist es aber vermutlich das mangelnde Wissen um den Sinn der Vorschriften, die kaum stattfindende Vermittlung und zeitgemäße Interpretation. Das liegt auch am Umbruch in den Mitgliedschaften der Kleingartenvereine:

  • Da sind einerseits „die Alten“, die sich seit Jahrzehnten in ihrem Gärtchen eingerichtet haben und kein Interesse an einer Auseinandersetzung über „Gärtnern nach Bundeskleingartengesetz“ verspüren: Sie machen ja sowieso schon immer alles richtig, das zeigt – so denken sie – allein schon ihre langjährige Anwesenheit. Dass so manche Zustände lange geduldet wurden, dann aber auf einmal falsch sein sollen, wenn z.B. ein neuer Vorstand mal versucht, mehr als „nur Rasen und Zierbeete“ durchzusetzen, empfinden sie als üble Einmischung.
  • Andrerseits strömen, insbesondere in den großen Städten, junge Familien in die Kleingärten, die vornehmlich für ihre Kinder ungefährliche Orte suchen, wo sie inmitten von „Natur“ und an frischer Luft spielen können. Sie wollen sich erholen und im Garten stressfreie Zeiten erleben. Oft erfahren sie erst bei Übernahme des Gartens von der „kleingärtnerischen Nutzung“ und empfinden die Auflage erstmal als pure Last – umso mehr, wenn es dazu nicht mehr Vermittlung als ein Faltblatt in die Hand gibt.
  • Drittens gibt es die neuen Gärtner/innen, die sich zwar auch von Schreibtisch und Computer erholen wollen, aber vornehmlich ein Interesse am „anders Gärtnern“ haben. Sei es, dass sie ein Stück weit Selbstversorgung praktizieren, einen ökologischen Ansatz verfolgen oder einfach großes Interesse am Umgang mit Pflanzen, an kreativer Gartengestaltung und vielerlei Experimenten haben: auch sie fühlen sich genervt durch Vorschriften, die sie als bloße Einengung ihrer Möglichkeiten erleben, oft auch als Schikane von Seiten der „Alten“, die ihr „anders Gärtnern“ äußerst kritisch beobachten.

Das Drittel kleingärtnerische Nutzung: ein sinnvolles Muss!

In mittlerweile fünf Jahren Mitgliedschaft in einem Kleingartenverein und durch Mitlesen vieler Beschwerden und Streitereien in einschlägigen Foren und Blogs hatte und habe ich ausgiebig Gelegenheit, mich mit den Fragen der kleingärtnerischen Nutzung auseinander zu setzen. Auch ich empfand all das zunächst als überflüssiges, eher schikanöses Vorschriftengewirr von vorgestern, doch nach und nach hat sich mir der Sinn vieler dieser Vorschriften durchaus erschlossen. Das heißt nicht, dass ich mit jedem Detail – insbesondere was die Auslegung und Interpretationen angeht – einverstanden bin. Doch im Großen und Ganzen habe ich eingesehen, dass das „Drittel kleingärtnerische Nutzung“ ein Muss ist, hinter dem man stehen kann und soll. Und zwar ganz egal, zu welcher der drei oben genannten „Kleingärtner-Typen“ man sich zählt!

Deshalb beginne ich hier im „wilden Gartenblog“ eine Artikel-Serie, die sich mit der Geschichte, mit den Details, mit den verschiedenen Ebenen der „Vorschriften machenden“ Institutionen und den sich üblicherweise ergebenden Problemfeldern auseinander setzen wird. Da ich auch mal Jura studiert habe, ist mir der Umgang mit Gesetzen und Rechtsprechung vertraut, doch wird die rechtliche Dimension nicht die Hauptrolle in der Serie spielen. Schließlich ist gesetzlicher Zwang nur ein schlechtes und letztes Mittel, um Menschen zu einem Tun oder Unterlassen zu bewegen! Viel motivierender wäre Einsicht in den Sinn so mancher Vorschrift, sowie die Berücksichtigung und mögliche Lösung der Probleme, die sich aus ihrer Befolgung für die unterschiedlichen Interessen der Kleingärtner/innen ergeben.

Über all das will ich schreiben – und natürlich freue ich mich über Anregungen, Ergänzungen und Kommentare!

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Siehe auch:

24 Quadratmeter inklusiv Terrasse – das Limit für viele Gartenlauben

Kleingärtnerische Nutzung – Materialien für die Vereinsarbeit;

Ein Drittel “Kleingärtnerische Nutzung” – Vorschriften und Tipps;

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Autor: ClaudiaBerlin

Claudia lebt und gärtnert in Berlin und bloggt seit 2005 rund ums naturnahe Gärtnern. Folge dem Blog auf Twitter.com/gartenzeilen - da gibts Lesetipps und allerlei Infos rund um unser tolles Hobby.

4 Kommentare

  1. Pingback: Von Fleischalternativen und kleingärtnerischer Nutzung › Digital Diary - Vom Sinn des Lebens zum Buchstabenglück

  2. Hallo Claudia,

    da sprichst du einen interessanten Punkt an. Ich bin selbst Mitglied in einem KGV mit 129 Parzellen.

    Das Bild ist bei uns gemischt. Ich beobachte, wie die Anbaufläche in vielen KG jedes Jahr etwas kleiner wird. Immer wieder kommt etwas Rasen dazu. In extremen Fällen ist die „Anbaufläche“ nur noch wenige Quadratmeter groß.

    Dann gibt es die Gärtner, die Ihre Anbaufläche verunkrauten lassen. Ich selbst beziehe von so einem „Krauter“ mein Unkraut. Entschuldigung, meine Wildkräuter. ;-)

    Bei mir ist es ungefähr 50:50. 300qm Nutzfläche, 300qm Erholung mit Laube. Ein „Blumendrittel“ gibt es bei mir nicht. Diese sind in meinem Garten wild verteilt.

    Ich selbst bin jemand, der im Garten arbeiten möchte. Ich sitze eigentlich nie herum. Es gibt immer etwas zu tun, wenn man den Garten in Schuss halten möchte.

    Bei mir ist es in der Tat so, dass ich mich dort als Ausgleich zum Computer-/Schreibtisch-Job austobe.

    Ich finde es wichtig, dass ein Kleingarten auch als solcher genutzt wird. Dazu gehört eben auch ein Nutzgarten. Leider sehen das viele anders. Dabei finde ich, dass gerade auch ein schöner Gemüsegarten den Reiz eines Kleingartens ausmacht.

    Leider machen viele ihren Garten zu einem sterilen Vorgarten, der ihnen vor ihrem Wohnhaus fehlt.

    Man sollte nicht mit einem Maßband die Drittelregel überprüfen, aber die grobe Richtung sollte noch stimmen. Gerade hier im Osten sind aufgrund der relativ hohen Anzahl ungenutzter Gärten die KGV oft tolerant. Man ist froh, wenn ein Garten überhaupt genutzt wird.

    Außerdem muss man „mit der Zeit gehen“. Vielen jungen Menschen kann man solche Regeln kaum noch schmackhaft machen, was ich persönlich schade finde. Ihnen ist in meinen Augen nicht bewusst, dass sie Mitglied in einem Verein werden, mit allem drum und dran. Sie denken, sie können ihr Ding durchziehen. Das ist aber nicht so bzw. sollte nicht so sein. Viele Vereine haben aber Angst, dass die Siedlung im wahrsten Sinne des Wortes ausstirbt, weil der Nachwuchs fehlt.

    Ich denke man muss einen Kompromiss zwischen neuen Entwicklungen und dem ursprünglichen Gedanken hinter einem Kleingarten finden. Da sollte auch das Bundeskleingartengesetz nachziehen.

  3. @Sebastian: danke für deinen ausführlichen Kommentar! Viele Punkte, die du ansprichst, sind eine intensivere Diskussion und auf jeden Fall einen eigenen Artikel wert – z.B. auch die Frage, ob das BKleinG novelliert werden sollte oder doch lieber nicht (wg. Gefahr der Verschlimmbesserung).

    Ich hoffe, Du schaust wieder vorbei – das hier war ja erstmal nur der Einstieg.

  4. Hallo Claudia,

    ja, da kann man viel diskutieren. Mit dem BKleinG kenne ich mich ehrlich gesagt nicht wirklich gut aus. Ich orientiere mich eigentlich nur an der Gartenordnung unseres Verbands, die die Wichtigsten Dinge „des Alltags“ regelt.

    Ich weiß auch nicht, ob das BKleinG groß überarbeitet werden müsste. Es sollte lediglich etwas mehr Flexibilität in der Nutzung erlauben. An sich kein großes Ding. Man sollte aber erkennen, dass sich die Dinge gegenüber Großmutters Zeiten geändert haben.

    Wichtig ist jedenfalls, dass Kleingärten nicht zu Wochenendgärten werden, wo man dann vielleicht nur noch den Rasen mähen muss. Eine echte gärtnerische Nutzung sollte immer ein Bestandteil eines Kleingartens sein.

    Am Ende ist Papier aber geduldig und alles Auslegungssache vor Ort. Schon jetzt steht und fällt das BKleinG mit der Beachtung in den Siedlungen. Ich denke, dass ich auch gut so. Jede Siedlung ist individuell und man sollte nicht alles auf die Goldwaage lege.

    Ich freue mich auf deine weiteren Artikel zum Thema.

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