Gartenarbeit: fit ganz ohne „Hard Working“

Ein subjektiver Erfahrungsbericht über mehr Bewegung und Fitness durch Gartenarbeit – entlang an einer höchst persönlichen Gartengeschichte.

“Sport ist Mord” war lange meine Devise, doch mit zunehmendem Alter stellt sich dann doch die Einsicht ein: Bewegung ist ein Muss, wenn ich halbwegs gesund bleiben will. Bei beruflich extrem sitzender Lebensweise ist das allerdings gar nicht so leich! Klassische Methoden halte ich nicht lange durch. War z.B. schon bei drei Fitnesscentern “Karteileiche” – so klappte es einfach nicht, leider! Dass der Garten meine Rettung sein würde, hatte ich nicht erwartet. Auch deshalb nicht, weil ich gar nicht vorhatte, jede Menge Energie in den Kampf um einen klassisch „gepflegten“ Garten zu stecken, in dem nirgens ein grüner Halm am falschen Ort wachsen darf. Aber der Reihe nach:

„Ein Garten macht aber sehr viel Arbeit!“ – so begrüßte uns der alte Herr aus dem Nachbargarten und musterte uns kritisch, als wir 2008 unseren Kleingarten übernamen. Die Arbeit unseres Vorgängers war auch wirklich „hart“: hatte sie doch im Wesentlichen darin bestanden, den Garten von allem frei zu halten, was da hätte wachsen wollen. Ständig war er mit der Hacke unterwegs! Das Ergebnis sah dann auch aus wie eine Sandwüste:

gartenanfang
Dem sowieso schon sehr sandigen Berliner Boden hat er mit dem konsequenten Hacken und Jähten den Rest gegeben. Nichts verhinderte so das weitere Auswaschen der Nährstoffe im Boden, ein „Bodenleben“ fand nicht mehr statt. Auch die Vögel mieden den Garten, es gab‘ da ja nichts für sie, nicht der kleinste Wurm konnte im Sand überleben!

So wollten wir natürlich nicht weiter machen – bewahre!

Vom interaktiven, naturnahen Gärtnern

Entgegen den Vorstellungen des Nachbarn bestand unsere erste Veränderung darin, erstmal NICHTS ZU TUN – jedenfalls nicht weiter dieses extreme Jähten zu betreiben, sondern wachsen zu lassen, was immer da kommen würde.

Es werde grün! Und es ward grün: binnen kurzer Zeit wuchs überall Portulak: das Ende der Wüsten-Optik war in Sicht – und ganz ohne viel Aufwand. Die einzige „Arbeit“ war das Gießen, um das Leben in den Boden zurück zu bringen. Ziemlich viel gießen allerdings – und zwar mit Gießkannen, nicht etwa mit einem Sprüher. Das ersetzt glatt ein Hantel-Training, wenn mans genau betrachtet, nur mit dem schönen Unterschied, dass man etwas tut, das auch ANDEREN Lebewesen nützt.

Dabei ist es dann auch nicht geblieben, schließlich wollten wir keine Betonschwellen um die Beete, sondern natürlichere Stoffe und Formen. Nach und nach gestalteten wir den Garten um, jedoch ohne „großen Plan“ und umfangreiche Hau-Ruck-Aktionen. Das „naturnahe Gärtnern“ wurde unser Stil: naturnah in dem Sinne, dass wir erstmal schauen, was von selbst passiert und nicht erst Tabula Rasa machen, um einen Bereich zu gestalten. In diesem Tun entwickelten wir die „7 Regeln für faules Gärtnern„, für die wir schon viel Zuspruch, aber natürlich auch Gegenwind ernteten.

Flaschenbeet

Fitnessgewinn ohne nerviges Sporteln: Rad statt Auto

Trotz dieser moderaten, eher gemütlichen Herangehensweise steigert sich meine Fitness über den Sommer gewaltig. Es beginnt schon mit dem Weg zum Garten: Zu Beginn jeder Saison schwinge ich mich aufs Rad, denn der Garten liegt in einer Kleingartenanlage, ca. 25 Fahrradminuten entfernt. Erstmahl fühlt sich die Anstrengung schon nach dieser kurzen Strecke ziemlich ätzend an, denn über den Winter steht das Rad ungenutzt im Keller. Ist die Saison dann rum, ist die Veränderung drastisch: fit wie ein Turnschuh radle ich recht geschwind heimwärts und spüre gar nicht mehr, dass das Radfahren ja auch eine Art „Sport“ ist.

Natürlich liegt die verbesserte Kondition nicht allein am Rad, obwohl so ca. fünfmal hin- und wieder zurück pro Woche schon einiges ausmacht! Pro Besuch kommt noch einiges an Gartenarbeit dazu, auch wenn wir das – mal abgesehen von der Auspflanzzeit – eher ruhig angehen. Rumsitzen ist auf Dauer halt einfach langweilig, man rutscht quasi wie von selbst in irgend ein Tun.

Wie nett der Garten zur Arbeit ruft

Zum Einstieg in die Gartenzeit trinken wir erstmal Kaffee und plaudern ein wenig. Dann folgt ein „Spaziergang“ durch den Garten, unsere zwei nebeneinander liegenden Parzellen von jeweils gut 400 m². Nicht etwa „zügig gehend“, was sportlich wäre, sondern gemütlich schlendernd, um auch alle Veränderungen seit dem letzten Besuch genügend zu würdigen.
Das halten wir allerdings nur kurze Zeit durch. An jeder Ecke, jedem Beet, jedem Gebüsch – von überall strömen Ideen auf uns zu, was jetzt in Angriff zu nehmen wäre:

  • Mal eben das Beet fertig zumulchen
  • SOFORT diese drei Tomaten ausgeizen, dabei sie nicht zum „Gebüsch“ werden,
  • wuchernde Wildkräuter in die Schranken weisen, wo sie die Nutzpflanzen überwältigen würden,
  • im Steinbeet die falschen Gräser entfernen,
  • diesen oder jenen Busch beschneiden,
  • die verfestigte Erde der Kübelpflanzen locker hacken,
  • ganz schnell mal diese darbende Pflanze gießen,
  • Raupen absammeln, oder Schnecken – je nachdem…
  • den kaputten Baum endlich entfernen
  • die Brombeere, die zum Nachbarn wandern will, beschneiden…
  • und, und, und…

Meist sind wir kaum 50 Meter gelaufen, da fängt das schon an, dass mein Gefährte oder ich mal eben Hand anlegen, wo es sich grade anbietet. Und wenn der Andere dann nicht laut erinnert: „Hey, wir wollten doch erstmal durchlaufen und schauen!“, dann VERSACKEN wir sang- und klaglos in die Gartenarbeit, bewegen uns, strengen uns auch mal an, hacken, graben, holen, sammeln ein, tragen weg – und nach ein- bis zwei Stunden, je nach Lust und Laune, ist dann die nächste Kaffeepause dran.

So kommt mittels des „interaktiven Gärtnerns“ doch einiges an Bewegung und auch anstrengender körperlicher Arbeit zusammen. Und alles ohne dass man sich erst extra überwinden müsste. Kein „innerer Schweinehund“ will sitzen bleiben, ganz im Gegenteil ist der Garten eine ständige Versuchung, ja Verführung, doch vom Sessel aufzustehen, weil es so viel Schönes und Interessantes zu tun gibt.

Stockrosen vor Totholzhaufen

Fit werden und abnehmen

Manche Gartengeräte könnte man so gesehen mit Fug und Recht als „Fitnessgeräte“ verstehen, denn z.B. das Rasen mähen strengt durchaus an! Und nicht mal nur dann, wenn es ein Handrasenmäher ist, wie wir nach dem Wechsel zum „Elektrischen“ durchaus gemerkt haben! Im Intro eines Geräte-Shops, den ich kürzlich besuchte, wurden Gartengeräte gar als „Motivationstrainer“ beschrieben, ermunternde Worte für Garten-Neulinge inklusive:

„Was haben Gartengeräte eigentlich mit Lebenstraum zu tun? Ganz einfach: Es sind Klassiker der Motivationstrainer! Sätze wie „don´t dream it – do it“- „Träume nicht Dein Leben, lebe Deinen Traum.“ Dieser Satz wird für Dich nirgendwo so lebendig wie in Deinem Garten.“

Ich denke mal, der alte Nachbar, der uns vor der „vielen Arbeit, die ein Garten macht“ warnte, hätte sich über diese Sicht der Dinge schwer gewundert! Er sah nur die Mühe, nicht die Freude am Gestalten, an der Natur und an der Bewegung im Freien, die in unseren Bildschirm-orientierten Lebensweisen oft so sehr fehlt.

Da ich seit einiger Zeit dabei bin, mein Gewicht zu reduzieren (schon 13 Kilo weniger Juni 2016!), hab ich mal erkundet, was Gartenarbeit an Kalorienverbrauch so bringt.
Hier die Ergebnisse pro Stunde, berechnet für eine 70 Kilo schwere Person:

  • Bäume pflanzen 300 kcal
  • Bäume schneiden 280 kcal
  • Beete umgraben 350 kcal
  • Gemüse ernten 210 kcal
  • Holz hacken 400 kcal
  • Holz stapeln 350 kcal
  • Laub harken 280 kcal
  • Obst pflücken 210 kcal
  • Pflanztätigkeiten allgemein 320 kcal
  • Pilze sammeln 170 kcal
  • Rasen mähen (Elektromäher) 240 kcal
  • Rasen mähen (Handmäher) 320 kcal
  • Rasen säen oder düngen 160 kcal
  • Schnee schippen 420 kcal
  • Unkraut jäten 320 kcal

(Quelle: Gartenbista.de)

Das sind natürlich Durchschnittswerte, doch wie man sieht, kann sich Gartenarbeit – verglichen mit anderen „Sportarten“ – durchaus sehen lassen! Ein einziger Gartennachmittag (inkl. Radfahrt hin und zurück) bedeutet, dass ich ca. 500 Kilokalorien mehr essen könnte, ohne zuzunehmen. Oder ich lasse das und nehme ab.

Mein Fazit: Alles Sportmuffeln rate ich dringend, es mit einem Garten zu versuchen! So eine Parzelle kostet kaum mehr als ein Fitness-Center-Jahresvertrag, macht aber viel mehr Freude als das Rumturnen an Geräten in geschlossenen Räumen. Vor allem beschäftigt man sich dabei nicht vornehmlich mit sich selbst, sondern setzt sich mit der Natur auseinander, einschließlich der Gartenkultur, wie man sie im jeweiligen Umfeld antrifft. Aber dazu ein andermal mehr!

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2 Kommentare

  1. Mein Glückwunsch zur Gewichtsabnahme. So macht das Abnehmen vermutlich auch deutlich mehr Spaß als beim bloßen Kalorien zählen. Ich hätte ne, gedacht, wie viele Kalorien man so Gärtner verbraucht!

  2. Pingback: Mehr “Rücken”, mehr Hochbeete? › Das wilde Gartenblog

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