Komische Frage? Uns ist auch erst so richtig bewusst geworden, dass wir „Trockengärtner“ umgeben von „Feuchtgärtnern“ sind, als uns ein lieber Gartenfreund eine (noch kleine) „Wilde Karde“ schenkte. „Die wächst überall“, meinte er auf die zweifelnde Rückfrage, ob die in unserem sandigen Boden überhaupt wächst, „wenn die nicht wächst, wächst bei euch garnichts“. :-)
Nun ja, sooo schlimm ist es in unserem naturnahen Garten nicht wirklich. Es wachsen sogar recht hübsche Wildpflanzen ganz von selbst. :-)Was aber stimmt: Der sandige Boden hält das Wasser und auch die Nährstoffe nicht gut, weshalb wir viel gießen müssen, um Tomaten, Zucchini, Mangold, Kürbisse und Bohnen nicht vertrocknen zu lassen. Das ist auch nach Jahren stetiger Bodenverbesserung (Kompost, Mulchen) noch so und wird sich auch nicht grundsätzlich ändern.
Aber zurück zur Wilden Karde (Dipsacus fullonum) : Wir haben sie dankend angenommen und erstmal im Internet geforscht, welche Bedürfnisse diese Pflanze hat. Und siehe da:
- Sie mag es feucht bis frisch und ist in der Natur auch auf Feuchtwiesen sowie an Bach- oder Flussufern zu finden. Der Boden darf gerne nährstoffreich sein. (Wildblumenwelt)
- Der Name Dipsacus kommt aus dem griechischen dipsa für Durst: Nach Regen sammelt sich in den Trichtern der Stängelblätter das Wasser, das Vögel oder Wanderer trinken können. (Wikipedia)
- In freier Wildbahn besiedelt die Staude Feuchtwiesen. Daher verwundert nicht, dass sie im Garten mit Vorliebe an Uferbereichen von Teichen siedelt. Auch feuchte Rasenflächen finden das Gefallen der Wilden Karde. (Baumschule Horstmann).
- Der Boden sollte einen hohen Lehmanteil aufweisen und stets mäßig feucht gehalten werden. Auf Böden mit höheren Sandanteilen wird der Erfolg in der Regel ausbleiben. (Kräuterbuch)
Nie und nimmer würde diese tolle Pflanze in unserem oft trockenen, sandigen Freiland „einfach so“ gedeihen! Warum aber wächst sie in einem anderen Garten derselben Kleingartenanlage? Weil unser Gartenfreund ein FEUCHTGÄRTNER ist! Seinen intensiv bewirtschafteten Bio-Garten lässt er bewässern bzw beregnen – kein Wunder, dass sich die Karde da wohl fühlt. Auch ist dieser Garten vergleichsweise dicht bepflanzt, was ebenfalls zu einem feuchteren Kleinklima beiträgt. Hinzu kommen wasserhaltende Substanzen, die er der Erde zuführt – es bleibt also insgesamt feuchter.
K(eine) Chance für die Karde?
Wir aber sind TROCKENGÄRTNER: Wir gießen nur mit Kannen und nur da, wo es wirklich gebraucht wird. Oft nur die Gemüse, wenns sehr heiß und trocken ist, auch die wenigen „Zierpflanzen“, die wir gesetzt haben. Bedürftige Wildpflanzen bekommen dann manchmal was ab. Weil der sandig-trockene Boden trotz aller Mühen nicht immer gute Ergebnisse bringt, bauen wir Tomaten, Zucchini und Kürbisse AUCH in Pflanzgefäßen an, die das Wasser besser halten.
Die Karde haben wir trotz alledem dankend angenommen und sie in eine riesige runde Bautuppe gesetzt, die wir extra feucht halten. Sie steht halbschattig und gedeiht prächtig:
Warum wir Trockengärtner sind und bleiben
Erstmal sind wir da so reingewachsen, eine bewusste Entscheidung kam erst später: 2008 und 2009 haben wir unsere zwei nebeneinander liegenden Gartenparzellen übernommen, die damals kaum mehr als Sandwüsten (Vordergarten) und flache, kurz gemähte Steppen (Hinterland) waren. Wir haben erstmal alles wachsen lassen, um zu sehen, was da so von selber wächst. Das ist lehrreich, denn man lernt dabei die Wahrheit über den Standort und auch, wie er bis dahin behandelt wurde. Nach und nach entwickelten wir dann unser naturnahes Konzept, bei gleichzeitiger Einhaltung der Pflicht zu „kleingärtnerischen Nutzung„.
Weil das Gießen – insbesondere in den in Berlin und Brandenburg häufigen Trockenphasen – mühsam ist, haben wir auch mal einen Rasensprenger erworben und ausprobiert.Warum das nicht funktionierte, zitiere ich ausnahmsweise aus einem eigenen Blogpost („Der Rasensprenger-Flop“) von 2012:
„Gemütlich auf der Terasse sitzen und sprengen lassen, wie ich mir das vorgestellt hatte, geht allerdings nicht, bzw. immer nur kurz. Um damit auch nur den vorderen Garten (meine Parzelle) zu sprengen, muss er mehrfach herumgetragen und neu eingestellt werden. Dabei ist immer der Schlauch vorsichtig um alle Beete herum zu führen, dass auch nix kaputt geht. Den richtigen Winkel einzustellen, ist auch nicht ganz leicht, zunächst sprüht es anders als gedacht und man wird selbst gleich mitgewässert – was ja nicht schlimm ist, wenn es richtig warm ist. Blöd aber, wenn man den Weg oder den Nachbargarten mitberieselt. Auch haben wir Tomaten, die eigentlich keinen Regen mögen. Hinter der Laube auf der „Liegewiese“ ist erst recht alles zu eng für den Sprenger: man besprüht die Hauswand, das Gewächshaus, die Nachbarlaube… insgesamt eine unergonomische Nerverei!“
Also gießen wir weiterhin mit Kannen. Nur wenn es lange heiß und trocken ist mit dem Schlauch, damit auch die Büsche und Bäume mal was abbekommen. Schlauchwasser kostet allerdings Geld, denn den schließen wir an den Wasserhahn an, wogegen für die Kannen das in mehreren Tonnen gesammelte Regenwasser oft reicht.
Keine Idylle zu jeder Zeit, sondern der „wahren Natur“ nahe
Neben dem Gemüse achten wir darauf, nur Planzen anzusiedeln, die sandige Böden und Trockenheit gut vertragen. Und wir freuen uns über die vielen Wildgewächse, die von selber hier wachsen. Das ist das A & O, um uns nicht im Bemühen, eine „andere Natur“ herzustellen, zu überarbeiten und jede Menge Wasser zu verbrauchen.
In Zeiten der Dürre, wenn sogar die Behörden dazu aufrufen, Wasser zu sparen, sieht der Garten dann natürlich nicht „schön“ aus, weit entfernt von der grünen Idylle mancher Nachbargärten, die von engagierten Feuchtgärtnern bewirtschaftet und kontinuierlich gesprengt werden. Hier ein Foto aus dem Dürresommer 2018: Nur noch die „Gieß-Inseln“ sind ok, rundrum ist alles vertrocknet.
Mich erinnert unser Garten in diesen Dürrezeiten an Sommerurlaube in Italien: da war auch immer alles vertrocknet und verdorrt. Manchmal duftet es auch wie im Süden, so ein Hauch von Macchia!
Einige Gewächse sind allerdings aus dem Garten verschwunden, die den Klimawandel (den großen wie den kleinen) nicht mitmachen konnten. Z.B. die ursprünglich vorhandenen Farne und eine Weide – kein Wunder. Dafür haben sich andere eingefunden, um die wir uns nicht kümmern müssen, z.B. Königskerze, Wilde Chrysantheme, Eselsdistel, Dreimasterblume, Wolfsmilch, Sandgraukresse, Klatschmohn, Echtes Labkraut, Natternkopf, Schafgarbe, Johanniskraut, Ginster, Grasnelken, weißer Phlox und manche mehr, die mir jetzt nicht einfallen.
Von uns eingeführt, halten sich gut: Waldsteinie (im Schatten), Herzgespann (wandert sogar!), Kühchenschelle, Blutstorchschnabel, Salbei, Rosmarin, Lavendel, Silbrigblättriges Heiligenkraut, Hauswurz, Katzenminze, türkischer Mohn, div. Astern (nur mit Gießen), Schwertlilien (dito) u.a. Ein paar wenige Einjährige wie Cosmea und Rittersporn, sowie Verbenen (kommt manchmal wieder) gönnen wir uns auch, trotz ihres Pflegebedarfs. Mehr nicht, sonst müssten wir glatt „Feuchtgärtner“ werden!
20. Juni 2025 um 16:51
Unter dem Begriff kenne ich es tatsächlich nicht. Zähle wohl auch zu den Trockengärtnern, unsere Wiese wird gerade schön braun ;)